Aber was ist eigentlich ein "Heuchler"? Das mit „Heuchler“ wiedergegebene griechische Wort (hypokrit?s) bedeutet
"der Antwort gibt" sowie "Schauspieler". Griechische und römische Schauspieler bedienten sich großer Masken mit Vorrichtungen zur Verstärkung der Stimme. Daher wurde das griechische Wort hypokrit?s mit der Zeit im übertragenen Sinn auf Personen angewandt, die ein falsches Spiel trieben oder sich verstellten.
Hallo Roland,
vielen Dank für deine Worte. Ja, es mir ein Anliegen, mich nicht zu verstellen, denn im Grunde ist es Lüge, d.h. ein Verhalten, dass nicht der Wahrheit entspricht. Wir kennen die Begebenheit: "
Und mit ihm heuchelten auch die übrigen Juden, so dass selbst Barnabas durch ihre Heuchelei mit fortgerissen wurde" Gal 2,13, und Paulus stellte fest: "
Als ich aber sah, dass sie nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums wandelten…" Gal 2,14a. Möge der Herr mir und uns allen helfen, wahrhaftig zu sein.
Im Römerbrief lesen wir: "
Die Liebe sei ungeheuchelt! Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten!" Röm 12,9, und das ist ein Wort, dass mich sehr beschäftigt. Auch Liebe kann geheuchelt sein, ja selbst der Glaube, kann nicht frei von Heuchelei sein. Welch eine hohe Erwartung hat Gott an uns: "
Das Endziel der Weisung aber ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben" 1.Tim 1,5. Der Herr schenke uns Gnade, danach zu wandeln.
Es ist nicht immer einfach, offen und ehrlich zu sein. Ich weiß nicht, wie du damit umgehst, wenn du an Geschwistern etwas feststellst und nicht weißt, wie du dich dazu verhalten sollst. Es gibt Geschwister, die ich sagen hörte, dass sie oft lange darüber beten und es Gott anbefehlen, wenn sie Unrecht bei jemand sehen. Ich erwiderte dazu auch mal, dass es m.E. nicht immer gut ist, denn wenn jemand zu lange über jemand anders betet und „brütet“, am Ende er sich in seine Meinung festgelegen kann, ohne mit dem Bruder oder Schwester gesprochen zu haben. Das rede ich leider aus Erfahrung. Hier liegt aber dann keine Liebe aus „reinem Herzen vor“, würde ich meinen, und wie schnell kann dann auch der Glaube geheuchelt sein, d.h. die Begegnung untereinander nicht mehr wahrhaftig sein.
Es sind schon etliche Jahre her, da hörte ich in einer Predigt eine Ermahnung, die eindeutig gegen jemand konkretes gerichtet war. Aber weiß du, das hatte leider nichts mit Weissagung zu tun, sondern der Prediger hatte etwas über den Betroffenen gehört, über ein angebliches Fehlverhalten, und dachte, es sei wohl am Besten, es nicht direkt zu sagen, sondern in der Predigt einzuflechten. Das kann gut gehen, aber ich sehe noch den enttäuschten Bruder, auch ein Prediger, der zu mir sagte: „Er meinte mich!“ Da ich damals die Situation kannte, wunderte ich mich, warum man in der Predigt dem anderen etwas sagt, was man nicht zuvor mit dem Betroffenen geklärt hatte.
Es war vermutlich nicht Böse gemeint, und der Bruder, der sich so verhielt, hatte mal zu mir im Gespräch gesagt, dass er zuweilen so etwas in die Predigt einflechtet, um dem Bruder oder Schwester es so durch die Predigt zu sagen und die Gelegenheit zu geben, sich ohne persönliche Ermahnung zurecht bringen zu lassen. Aber liegt hier nicht schon die Gefahr, in einer gewissen Weise zu heucheln? Wenn man sich begegnet und freundlich begrüßt, aber nicht den Mut hat, dem anderen zu sagen was man auf dem Herzen hat, dann sollte man es auch nicht durch die Predigt oder im Gebet sagen.
Liebe Grüße,
José